Eine Brücke zwischen Nord und Süd: Dieter Overath über ESG und ethische Lieferketten

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Oktober 17, 2024

Die Erwartungen von Stakeholdern wie Verbrauchern, Investoren, Regulierungsbehörden und Arbeitnehmern steigen, und Unternehmen werden zu nachhaltigerem und verantwortungsbewussterem Handeln gedrängt. Dieser Wandel wird durch die wachsende Besorgnis über den Klimawandel, soziale Ungleichheiten und die Notwendigkeit einer verantwortungsvolleren Unternehmensführung vorangetrieben. Die Einhaltung von ESG-Richtlinien ist nicht mehr optional, sondern eine notwendige Voraussetzung für Unternehmen, um wettbewerbsfähig zu bleiben und die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen.

Neue Regelungen für verantwortungsvolles Handeln

Neue Regulierungen, insbesondere in der Europäischen Union, wie das deutsche LkSG (Lieferkettengesetz), die CSDDD (EU-Lieferkettenverordnung) und die EUDR (EU-Regulierung zur entwaldungsfreien Lieferkette), fordern Unternehmen zu verantwortungsvollerem Handeln auf. Diese Gesetze verpflichten Unternehmen, dafür zu sorgen, dass ihre Lieferketten nicht durch die Ausnutzung von Arbeitskräften und Umweltschäden belastet werden, insbesondere in Regionen wie dem Globalen Süden, die oft die größte Last zu tragen haben.

In einem Gespräch mit osapiens erläuterte Dieter Overath, ehemaliger Vorstandsvorsitzender von Fairtrade Deutschland, seine Sicht auf die Notwendigkeit solcher Regelungen und wie Unternehmen wie osapiens zu ethischen Lieferketten beitragen können. Overath engagiert sich seit Jahrzehnten für fairen Handel, Menschenrechte und nachhaltige Praktiken im globalen Süden. Als Senior Advisor von UNIDO (Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung) und Botschafter von osapiens ist Overath weiterhin aktiv bei der Förderung von Veränderungen.

Der Globale Süden und die „erste Meile“ kurz erklärt

Der Globale Süden bezieht sich auf sich wirtschaftlich entwickelnde Regionen, die zwar reich an natürlichen Ressourcen sind, aber mit erheblichen Problemen in Bezug auf Armut, Ungleichheit und Ausbeutung von Arbeitskräften zu kämpfen haben. In diesen Regionen, zu denen Teile Afrikas, Lateinamerikas und Asiens gehören, beginnt die Produktion vieler Verbrauchsgüter oder, wie Overath es nennt: die erste Meile der Lieferkette.

In unserem Gespräch erklärt Overath:

„Mit dem Globalen Süden sind in der Regel Regionen gemeint, die wirtschaftlich weniger entwickelt, aber reich an Ressourcen sind, auf die der Rest der Welt angewiesen ist. Dort beginnt die Reise unserer Konsumgüter – ich nenne das die erste Meile der Lieferkette.“

Die „erste Meile“ der Lieferkette ist der Ort, an dem die Rohstoffe gewonnen werden – sei es Kaffee, Baumwolle oder Mineralien. Hier herrschen oft die schlechtesten Bedingungen: unsichere Arbeitsbedingungen, niedrige Löhne und Umweltauswirkungen wie Abholzung und Bodendegradation. Die Verbesserung dieser Bedingungen steht im Mittelpunkt der globalen ESG-Bemühungen.

Warum ESG-Regulierungen wie LkSG, CSDDD und EUDR wichtig sind

Die zunehmenden ESG-Regulierungen sind eine Antwort auf die wachsende Forderung nach mehr Transparenz und Rechenschaftspflicht in globalen Lieferketten, besonders im Globalen Süden. Overath betonte, dass freiwillige Verpflichtungen von Unternehmen zwar hilfreich sein können, jedoch oft nicht ausreichen, um spürbare Verbesserungen zu erzielen. Verbindliche Regulierungen seien daher unerlässlich, um ethische Geschäftspraktiken durchzusetzen: „Die Messlatte muss nach oben!“

Eine dieser Regelungen ist das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG), das Unternehmen dazu verpflichtet, die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards in ihrer gesamten Lieferkette zu überwachen und sicherzustellen.

Overath erklärte:

„Diese Vision deckt sich mit dem deutschen Lieferkettengesetz und zielt auf die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen im Globalen Süden“.

Neben dem LkSG prägen zwei weitere wichtige Regulierungen die Zukunft der Lieferketten:

  • CSDDD (Corporate Sustainability Due Diligence Directive): Eine Richtlinie der Europäischen Union, die Unternehmen verpflichtet, ihre Lieferketten mit der gebotenen Sorgfalt zu überprüfen, um Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden, insbesondere in Entwicklungsländern, zu vermeiden.
  • EUDR (EU-Verordnung zur entwaldungsfreien Lieferkette): Diese Verordnung zielt auf Produkte ab, die mit Entwaldung in Verbindung stehen und verpflichtet Unternehmen sicherzustellen, dass Rohstoffe wie Holz, Palmöl, Kaffee, Kakao, Kautschuk, Soja und Rinder in ihren Lieferketten nicht aus Entwaldung stammen. Dieses Gesetz ist entscheidend für den Schutz der Umwelt im globalen Süden, wo die Abholzung verheerende Auswirkungen hat.

Overath betonte: „Trotz guter Absichten haben freiwillige Selbstverpflichtungen die Bedingungen im Globalen Süden nicht ausreichend verbessert. Um sicherzustellen, dass Produkte nicht auf Kosten der Menschen und des Planeten hergestellt werden, braucht es verbindliche Gesetze.“

Diese verpflichten Unternehmen, Verantwortung für ihre Lieferketten zu übernehmen und sicherzustellen, dass Menschenrechte geschützt und Umweltstandards eingehalten werden.

Die Rolle von Fairtrade bei der Umgestaltung der Lieferkette

Während seiner Amtszeit als Vorstandsvorsitzender von Fairtrade Deutschland war Dieter Overath im Team mit ExpertInnen ein Pionier bei der Durchsetzung ethischer Beschaffungspraktiken, insbesondere im Globalen Süden. Unter seiner Führung sorgte Fairtrade dafür, dass Produzenten und abhängig Beschäftigte einem existenzsichernden Einkommen nahe kommen, unter sicheren Bedingungen arbeiten und nachhaltige Anbaumethoden gefördert werden.

Er erzählte eine denkwürdige Anekdote aus seiner Anfangszeit bei Fairtrade, die die Kraft des Aktivismus an der Basis veranschaulicht:

„Eine unserer ersten großen Kampagnen war es, Gemeinden zu mobilisieren, um Fairtrade-Kaffee in Supermärkten zu fordern. Gruppen wie die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) organisierten Supermarktspaziergänge und forderten immer wieder Fairtrade-Produkte. Ihre Hartnäckigkeit hat sich ausgezahlt und den Einzelhändlern gezeigt, dass es eine große Nachfrage nach fair produzierten Waren gibt.“

Diese Geschichte zeigt, wie die Nachfrage der Verbraucher das Verhalten von Unternehmen beeinflussen kann und beweist, dass echte Veränderungen an der Basis beginnen können. Inzwischen hat das zivilgesellschaftliche Engagement für den Fairen Handel neue Formate wie Fairtrade Towns, Fairtrade Schools und Fairtrade Universities angenommen.

Die Funktion wechselt, die Mission bleibt

Nach seiner einflussreichen Karriere bei Fairtrade hat Overaths Leidenschaft für Lobbyarbeit nicht nachgelassen. Er erkannte die wachsende Bedeutung von ESG-Compliance und die Rolle von Technologie bei der Schaffung von Transparenz und schloss sich osapiens als Botschafter an. osapiens ist ein technologieorientiertes Unternehmen, das Firmen dabei unterstützt, ihre ESG-Verantwortung zu managen und Lösungen anbietet, um die Transparenz in der Lieferkette und die Einhaltung neuer Vorschriften wie LkSG, CSDDD und EUDR zu verbessern.

„Nachdem ich mich von Fairtrade zurückgezogen hatte, ließ meine Leidenschaft für die Sache nicht nach. Ich wollte weiterhin Einfluss auf das Verhalten von Unternehmen und der Gesellschaft nehmen, insbesondere im Hinblick auf neue Regelungen wie das deutsche Lieferkettengesetz. Die Mission von osapiens hat mich angesprochen und ich sah die Möglichkeit, einen weiteren Beitrag zu diesem sich entwickelnden Dialog zu leisten“, erklärt Overath.

Der osapiens HUB: die ESG-Plattform, die bewegt

osapiens entwickelt innovative Software-as-a-Service-Lösungen, die Unternehmen aus allen Branchen helfen, ESG-Anforderungen schnell, automatisiert und sicher umzusetzen. Herzstück ist der osapiens HUB, eine KI-basierte Cloud-Plattform, die Compliance und Transparenz entlang der gesamten Wertschöpfungskette schafft. Die Plattform ermöglicht es Unternehmen, ihre ESG-Herausforderungen zu meistern und die Einhaltung von Vorschriften wie LkSG, CSDDD und EUDR zu optimieren, indem sie vollständige Transparenz von der ersten Meile bis zum Endprodukt bietet.

Overath betonte:

„Transparenz ist nicht das Endziel, es ist der Anfang einer tieferen Bewertung, wie und wo man investieren kann und soll, um einen wirklichen Unterschied zu machen.“

Der osapiens HUB soll Unternehmen nicht nur dabei helfen, gesetzliche Anforderungen zu erfüllen, sondern auch langfristige Verbesserungen in den Bereichen ethische Beschaffung, Umweltschutz und effiziente Betriebsabläufe zu fördern. Das Tool unterstützt Unternehmen dabei, sich den Herausforderungen des heutigen globalen Marktes zu stellen, der die Einhaltung von ESG-Regeln zwingend vorschreibt.

Wege zu einer gerechteren und nachhaltigeren globalen Lieferkette aufzeigen

Der Globale Norden und der Globale Süden sind durch globale Lieferketten eng miteinander verbunden, aber die Ungleichheiten zwischen ihnen sind nach wie vor groß. Durch Regelungen wie das LkSG, die CSDDD und die EUDR sowie durch die Unterstützung innovativer Tools besteht Hoffnung auf ein gerechteres globales Handelssystem.

Das Vermächtnis von Dieter Overath, von seiner Führungsrolle bei Fairtrade bis zu seiner jetzigen Rolle bei osapiens, unterstreicht die Bedeutung von Transparenz, verbindlicher Gesetzgebung und technologischer Innovation bei der Umgestaltung von Lieferketten. Innovative Lösungen sind unerlässlich, um Unternehmen bei der Bewältigung dieser regulatorischen Herausforderungen zu unterstützen und gleichzeitig das Leben der Beschäftigten im Globalen Süden spürbar zu verbessern.

Overath bringt es auf den Punkt: „Der Weg in eine nachhaltige Zukunft beginnt mit Transparenz und endet mit spürbaren Verbesserungen im Leben derjenigen, die am Anfang der Lieferkette stehen – im Idealfall mit der Partizipation der Akteure im Globalen Süden.“

Möchten Sie mehr erfahren? Das vollständige Interview mit Dieter Overath finden Sie hier:


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